Nachts unter dem Sternenhimmel zu fahren, gehört zweifellos zu den spektakulärsten Erlebnissen, die die Ballonfahrt zu bieten hat. Doch die Dunkelheit bringt auch eine Reihe spezieller betrieblicher, gesetzlicher und lizenztechnischer Anforderungen mit sich, die wir für Sie kompakt und praxisnah zusammengefasst haben.
Rechtliche Grundlagen:
Europäische Basis – Verordnung (EU) 2018/395 („Balloon Rule Book“)
Gemäß BOP.BAS.185 gilt:
- Keine Landungen bei Nacht – außer im Notfall.
- Starts bei Nacht sind zulässig, sofern ausreichend Brennstoff bzw. Ballast für eine Landung bei Tageslicht vorhanden ist.
„Wer nachts startet, muss am Tag sicher landen können.“
Diese Regel stellt sicher, dass bei einem Nachtstart genügend Betriebsreserven vorhanden sind, um eine
Landung unter VFR-Bedingungen am Tag durchzuführen.
Ausrüstung & Beleuchtung bei Nacht (BOP.BAS.310 / CS 31TGB.65 /
SC D-01 31HB/GB)
Für Ballonfahrten bei Nacht ist folgende Mindestausstattung Pflicht:
- Anti-Kollisionslichtsystem: Blinkendes rotes oder weißes Licht (40–140 Blitze/Minute), 360° horizontal, 60° vertikal, sichtbar bis 3,7 km. Kann am Korb oder bis 9 m darunter befestigt werden. Das System muss einziehbar oder abwerfbar sein, um ein Verfangen zu vermeiden.
- Instrumenten- und Innenbeleuchtung: Beleuchtung aller Bedienelemente und Instrumente, die für den sicheren Betrieb notwendig sind. Zulässig sind lokale Leuchten oder unabhängige fest montierte Lichtquellen. Die Beleuchtung darf nicht blenden und muss mit der Nachtadaption der Augen kompatibel sein.
- Unabhängige Notbeleuchtung: z. B. Stirnlampe oder fixierte Reserve-LED.
Praxis-Tipp:
Das Blinklicht nur oberhalb der Hinderniszone einsetzen! Niedriges Fahren mit
eingeschaltetem Blinklicht kann dazu führen, dass sich das Lichtkabel in Bäumen, Zäunen oder anderen Hindernissen verfängt. Zudem besteht bei Bodennähe stets ein erhöhtes Risiko durch Stromleitungen.
Lizenz & Ausbildung (BFCL.210 – Night Rating)
Ballonpilot:innen dürfen nur mit gültiger Night Rating bei Nacht fahren:
- Mindestens zwei Schulungsfahrten bei Nacht von jeweils mindestens einer Stunde Dauer.
- Abschlussbestätigung durch Eintrag im Flugbuch und Unterschrift eines FI(B).
Betriebliche Rahmenbedingungen
Definition „Nacht“ (nach Part BOP + SERA):
„Nacht“ bezeichnet den Zeitraum zwischen dem Ende der bürgerlichen Abenddämmerung und dem Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung. Die bürgerliche Dämmerung endet, wenn der Mittelpunkt der Sonne 6° unter dem Horizont steht, und beginnt am Morgen bei demselben Winkel.
Hinweis:
Die genauen Zeiten für
BCMT (Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung) und
ECET (Ende der bürgerlichen Abenddämmerung) sind in der
AIP Austria – GEN 2.7 der Austro Control GmbH veröffentlicht. Diese Werte definieren den rechtlichen Übergang zwischen Tag und Nacht und sind entscheidend für die Planung von Nachtsichtfahrten.
Betrieb und Vorschriften
- Für Nachtsichtfahrten ist die *Zustimmung der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle erforderlich (LVR § 13 Abs. 6).
- Im Luftraum G besteht bei Nacht Transponderpflicht - Mode S, Code 7000 (LVR § 30 Abs. 1 Z 4).
- Für jede bei Nacht geplante Ballonfahrt ist ein Flugplan einzureichen – unabhängig vom Luftraum (SERA.4001(b)(6)).
- Während der gesamten Fahrt ist eine Zweiweg-Sprechfunkverbindung auf dem zuständigen Flugverkehrsdienst-Funkkanal herzustellen und aufrechtzuerhalten (SERA.5005(c)(2)).
*Zustimmung:
Wird keine formale Flugfreigabe erteilt, die Flugverkehrskontrolle muss aber trotzdem das
Einverständnis zur Durchführung der Fahrt geben, so ist eine
Zustimmung erforderlich (LVR § 3 Z 12).
Mindestflughöhen bei Nacht (SERA.5005(c)(5))
Außer für Start/Landung gilt:
- über Hoch- oder Gebirgsgebiet: mindestens 600 m (2 000 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb 8 km um die geschätzte Position,
- außerhalb solcher Gebiete: mindestens 300 m (1 000 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb 8 km um die geschätzte Position.
Die L
andung muss bei Tag unter Sichtflugwetterbedingungen erfolgen. Es müssen eindeutige und stabile Witterungsverhältnisse vorliegen, um eine sichere Landung unter Berücksichtigung von Windrichtung, -geschwindigkeit und Gelände zu gewährleisten. Auf die Gefahr eines
Wetterumschwungs, insbesondere
Morgennebels, ist besonders Bedacht zu nehmen.
Wichtiger technischer Hinweis:
Während der Nacht
fehlt die solarthermische Unterstützung durch Sonneneinstrahlung, welche tagsüber zur Erwärmung der Ballonhülle beiträgt. Dadurch ist der
Gasverbrauch in der Nacht deutlich höher. Dies muss bei der Berechnung der Gasmenge und der Planung der Fahrtdauer unbedingt berücksichtigt werden.
Fazit:
Nachtsichtfahrten sind ein faszinierendes Abenteuer – aber sie gehören zu den anspruchsvollsten Formen der Ballonfahrt. Sie erfordern perfekte Vorbereitung, volle Ausrüstung, eine gültige Night Rating und das Bewusstsein, dass Dunkelheit keine Fehler verzeiht.
Für Fragen oder weitere Infos:
generalaviation@austrocontrol.at